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Türkische Riviera bis Anatolisches Hochland

Türkische Küste, Antalya bis ins Zentrum nach Konya

Unsere Route führt uns entlang der türkischen Küste, mit wundervollen Buchten und türkisblauem Wasser, bis ins anatolische Hochland nach Konya. Wir Treffen in Antalya auf die touristische Region der Türkei und in Konya auf das sympathische Gegenteil. Das Wetter meint es gut mit uns, bei sommerlichen Temperaturen geniessen wir unsere Reise durch die Türkei.




Anatolisches Binnenland und Fethiye

Da wir für den Besuch von Pamukkale bereits relativ früh aufgestanden sind, können wir am selben Tag die Fahrt in Richtung Küste bzw. nach Fethiye auf uns nehmen. Unsere Strassenkarte sagt uns, dass es sich um eine landschaftlich schöne Strecke handeln soll. Erst bringt uns die Strecke entlang einer Schnellstrasse über eine Hochebene auf über 1'000 M.ü.M. Es ist extrem flach, nur links und rechts erheben sich einige ausgedehnte Hügel. Hier wird hauptsächlich Ackerbau betrieben. Auf dem Weg gönnen wir Pluto wieder einmal eine Dusche in der Waschanlage. Das Fahrzeug war durch den heftigen Regen am Vortag ziemlich schmutzig. Bei der Dusche lief der braune Strassendreck nur so vom Fahrzeug herunter. Nahe Dedebagi verlassen wir die viel befahrene Schnellstrasse und schlängeln uns entlang einer wenig befahrenen Hauptstrasse in die Berge hoch. Die Strasse ist super ausgebaut, es scheint als wäre diese vor nicht allzu langer Zeit fertiggestellt worden. Wir bewegen uns nun auf einer Höhe von 1'500 M.ü.M. Die Landschaft ist karg, die Dörfer sehr ursprünglich. Die Strecke gefällt uns sehr. In Karabayir, einem kleinen Dörfchen entlang der Hauptstrasse, machen wir einen Zwischenstopp in einem kleinen Familienrestaurant. Das Restaurant Uysal Gözleme ist ein echter Tipp, den wir gerne teilen! Wir werden eingeladen an einem Tisch im üppigen Garten der Familie Platz zu nehmen. Die Auswahl ist nicht riesig, hauptsächlich gibt es Gözleme (eine Art türkische Omelette), welche mit Hackfleisch, Käse oder Spinat gefüllt wird. Wir verlieben uns in das Gericht. Es wird unser meistgegessenes Mittagessen in der Türkei werden. Wir geniessen das familiäre Ambiente und die Herzlichkeit der Leute in diesem Restaurant. Für gerademal CHF 4.- haben wir uns die Bäuche vollgeschlagen und vier Tees getrunken.

 

In Fethiye erwartet uns wieder eine andere Türkei. Wir erreichen allmählich die Badeurlaub-Region der Europäer. Für uns ist Fethiye der Startschuss entlang der lykischen Küste. Auf einem grossen leeren Parkplatz, auf dem jeweils der Wochenmarkt stattfindet, parkieren wir unser Wohnmobil. Hier in Fethiye gibt es noch einige administrative Angelegenheiten zu erledigen. David muss für seine Bank einige unterzeichnete Dokumente in die Schweiz schicken. Hierfür brauchen wir ein Internetcafé mit Drucker. Diese Angelegenheit können wir relativ schnell abhacken. Eine andere Angelegenheit, welche uns mehr Kopfzerbrechen bereitet, ist die politische Situation im Iran. Vor ein paar Tagen haben die vom Iran unterstützten Huti-Rebellen eine wichtige Ölraffinerie in Saudi-Arabien angegriffen. Der Streit mit den Saudis und der USA ist vorprogrammiert. Wir hoffen, dass sich die Wogen glätten und sich die Situation ohne Waffengewalt wieder besänftigt. Falls es aber zu einem Krieg kommen sollte, werden wir den Iran sicherlich grossräumig umfahren. Unser Plan B ist eine Verschiffung von der Türkei nach Südostasien. Wir haben uns bereits die letzten paar Tage um mögliche Kontakte gekümmert. Letztendlich schreiben wir nun ca. 20 Transportunternehmen bzw. Agenturen an und versuchen so Offerten einzuholen. Da wir uns in einem Touristenort befinden, gönnen wir uns zum Abendessen ein traditionelles Fish & Chips, natürlich nicht ohne vorher abzuchecken, ob das Restaurant WLAN hat. Übrigens, David hat seit heute einen türkischen Haarschnitt 😊


Saklikent Canyon und der Schlamm Fluss

Hier in der Gegend von Fethyie hat es viele Traumstrände, viele nur mit dem Schiff erreichbar. Da wir aber noch länger der lykischen Küste entlangfahren, verzichten wir auf eine teure Bootstour und lassen diese Strände für den Moment links liegen. Wir fahren am nächsten Morgen zum Saklikent Canyon. Wir gehen mit der Erwartung dorthin, dass es sich um eine ganz normale Schlucht mit einem Fluss handelt. In unseren Köpfen schwebt uns grob die Aareschlucht vor. So ähnlich wird dies auch in unserem Reiseführer geschildert. Es wird noch darauf hingewiesen; «man kann die Schuhe ausziehen und problemlos durchs Flussbett waten». Nichts da, hier handelt es sich um einen Schlamm-Canyon! Ich glaube der Verlag muss hier nochmals über die Bücher. Am Eingang zur Schlucht werden wir von einem Herren darauf hingewiesen, dass es mit den Wanderschuhen keine gute Idee sei – man solle doch Wasserschuhe anziehen. Wir folgen dem Rat des Herren uns spazieren mit unseren Wasserschuhen der gutbesuchten Schlucht dem Fluss entlang. Wir sehen bereits am Eingang, dass das Wasser voll Schlamm und überhaupt nicht klar ist, sind aber zu diesem Zeitpunkt noch ahnungslos. Im nächsten Bereich der Schlucht tummeln sich Leute im klaren Wasser. Kurz dahinter fliessen zwei Wasserströme zusammen. Und erst dahinter beginnt der eigentliche Canyon. Und diese beiden Wasserströme vor dem Eingang des Canyons haben es in sich. Aber die Türken haben ausreichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Ein dürftiges Hanfseil führt über das reissende, Bein hohe Nass zum Eingang des Canyons. Aha! Jetzt heisst es Hosen rauf krempeln uns los. Sobald wir auf der anderen Seite abgekommen sind, ist das Wasser nur noch knöcheltief. Und das Wasser ist nicht klar. Der Bach ist komplett schlammig. Jetzt wissen wir wieso alle entgegenkommenden Leute auch alle mit Schlamm übersäht sind 😊 Man kann sich gut Smileys auf das Gesicht schmieren. Gut haben wir die Wasserschuhe eingepackt! Wir spazieren etwa eine halbe Stunde durch das undurchsichtige Gewässer und klettern über die schlammigen, schlüpfrigen Felsen, bis die Schlucht enger und enger wird, ehe wir umkehren. Zurück am Eingang können wir uns wieder im klaren Wasser waschen, den hier trifft das Schlammwasser auf glasklares und kühles Bergwasser. Dies war nun eine wirklich unerwartet coole Aktivität!

 

Nach unserem Abstecher in das Inland der lykischen Küste folgen wir wieder der Strasse ans Meer. Wir passieren dabei hunderte von Treibhäusern mit Tomaten. Die Landschaft ist teilweise übersäht von Landwirtschaft und dies fast bis ganz an die Küste. Dort erwartet uns wieder ein anders Bild. Hier entlang der türkischen Riviera verläuft die Hauptstrasse E90, eine wundervolle Strecke! Sie führt uns dem Meer entlang an steilen Klippen und atemberaubenden Buchten vorbei. Das türkisfarbene Wasser schimmert so schön, man könnte meinen solche Farben gibt es nur dank den Instagram-Filtern. Die Kontraste zwischen der trockenen, leicht rötlichen Küste, den weissen Stränden und dem Wasser sind sehr aussergewöhnlich. Leider bietet die Strecke fast keine Parkmöglichkeiten. Die wenigen Plätze, die es gibt, sind am Nachmittag bereits überfüllt. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Strecke einfach vom Auto aus zu geniessen. Unser heutiges Etappenziel ist ein Strand in der Nähe von Demre. Am Sürüklü Plaji verbringen wir die nächsten drei Nächte. Wir können hier auf dem Parkplatz eines Restaurants übernachten. Direkt am Meer bzw. am Strand haben wir unser Domizil. Wir können uns ausbreiten, das Solarpanel und die Markise aufstellen und einfach die Seele baumeln lassen.

 


Lykische Felsengräber und gemütlicher Badeort Cirali

Am 18. September beschliessen wir weiter zu fahren. Wir sind etwas genervt, da uns der Restaurantbesitzer gestern Abend abgezockt hat. Für ein sehr dürftiges Abendessen verlangte er CHF 20.- (das ist in der Türkei relativ viel Geld, wenn man vergleichsweise einen Kebap für CHF 1.- erhält). Zusätzlich bezahlten wir ihm für die Nutzung des Parkplatzes noch CHF 5.- pro Tag. Wir wollen ja nicht knauserig sein, aber alles muss irgendwie im Verhältnis stehen. Okey, vielleicht haben wir auch einfach schlecht geschlafen… Das russische Allinklusive-Hotel am anderen Ende der Bucht hat uns die ganze Nacht mit Partybeats beschallt. Es ist übrigens das einzige Hotel an diesem Strand und es sieht ganz danach aus, als dürften die hier machen was sie wollen.

 

Nachdem wir uns von dem liebgewonnenen Strassenhund verabschiedet haben, der uns die letzten drei Nächte bewacht hat (und Yvonnes Wasserschuhe geklaut hat), fahren wir weiter der Küste entlang nach Myra. Die Felsengräber aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. gehören zu den bekanntesten der Türkei. In einer steilen Felswand befinden sich dutzende Felsengräber. Leider können wir die Gräber nur aus der Ferne anschauen, da sie aus Sicherheitsgründen nicht mehr zugänglich sind. Es ist schon erstaunlich wie die Menschen früher mit einfachsten Mitteln solche Aushöhlungen in Schwindel erregenden Höhen in den Fels gehauen haben. Neben den Felsengräbern gibt es auch noch ein gut erhaltenes Amphitheater. In Griechenland haben wir kein einziges Amphitheater gesehen. In der Türkei ist das bestimmt bereits das fünfte Theater, das wir gesehen haben. Wir hätten nicht gedacht, dass es in der Türkei so viele griechische Ruinen gibt.

 

Den zweiten Mount Olympos (in Griechenland haben wir bereits den Götter-Berg gesehen) lassen wir aus. Wir fahren direkt zum Strand von çirali. Leider sehen wir unterwegs wiedermal eine beispielslose Umweltverschmutzung: Kurz nach Demre fahren wir einem ausgetrockneten Flussbeet entlang. Leider wird das Flussbeet jetzt während der Trockenzeit als Mülldeponie genutzt. Dutzende Lastwagen kippen den ganzen Abfall einfach ins Flussbeet. Im Herbst, sobald der Regen wiedereinsetzt und der Fluss wieder Wasser führt, wird sich das Problem der Müllentsorgung einfach in Luft bzw. Wasser auflösen. Das Wasser wird den ganzen Müll mit sich reissen und ins Meer spülen. Ein solches verantwortungsloses Verhalten der Natur gegenüber lässt uns immer wieder Staunen. Schade!  In der Schweiz finden zur gleichen Zeit Klima-Demonstrationen statt. Wenn man aber bedenkt, dass man im Ausland vielerorts nicht einmal das Müll-Problem in den Griff bekommt, wie sollen diese Entwicklungsländer dann den Schadstoffausstoss (Benzin, Diesel etc.) reduzieren?! Es reicht bei weitem nicht, wenn nur wir kleine Schweiz etwas in diesem Bereich anzustossen versucht.

 

Der Strandort çirali gefällt uns gut. Es sind mal keine 0-8-15 Apartment-Blocks zu sehen, sondern diverse kleine Unterkünfte, die sich unter dem Bäumen säumen. Sicherlich liegt die einfache Bauweise aber auch ganz einfach daran, dass alle Gebäude hier illegal gebaut wurden. Die Bucht ist eigentlich geschützt, da der Strand eine Brutstätte der Unechten Karettenschildkröte ist. Die Atmosphäre wirkt sehr entspannt und ein wenig hippie-mässig. Am Sand-Kiesstrand geniessen wir die schöne Aussicht auf die umliegenden Hügel. Irgendwie erinnert und das etwas an die Halong-Bucht in Vietnam. Gegen 17 Uhr wandern wir den Hügel hoch zum Chimaira Berg. Im Boden befindet sich Erdgas, das entzündet wurde. An diversen Orten strömt das Gas aus den Ritzen im Felsen und kleine Flammen sind zu sehen. Schade, dass wir keine Cervelats oder Schlangenbrot dabei haben. 😊 Kurz bevor es dunkel wird, machen wir uns auf den Rückweg. Und wie sich kurz vor dem Parkplatz herausstellt, ist das genau die richtige Zeit um aufzubrechen. Unzählige russische Tour-Gruppen kommen uns entgegen. Dann hatten wir wirklich Glück, dass wir den Gas-Hügel nur mit ein paar wenigen Touristen teilen mussten.


Aspendos - Besterhaltenes Amphitheater der Welt

 Am nächsten Morgen machen wir gleich zwei Sachen, die wir sehr regelmässig machen seit wir in der Türkei sind. In Aspendos besichtigen wir ein Amphitheater – das besterhaltene in Kleinasien – und wir besuchen einen Wochenmarkt. Wobei letzteres mittlerweile viel interessanter ist. Auf dem Wochenmarkt in Kemer decken wir uns mit frischen Früchten und Obst ein. Die Marktstände sehen sehr schön aus und uns gefällt es, wie die Bauern ihr Gemüse und Obst schön ansprechend präsentieren. Fast bei jedem Markstand werden die Waren gewogen und als Dankeschön wandern dann nach dem Wiegen noch weitere Sachen in unsere Taschen. Die Türken sind wirklich sehr grosszügig. Uns ist das manchmal gar nicht recht, da wir die Waren im Vergleich zur Schweiz eh schon fast geschenkt bekommen.

 

Auf dem Rückweg zur Hauptstrasse fahren wir an einem kleinen Industriegebiet vorbei. Wir versuchen unser Glück, um eine neue Dichtung für unsere Gasflasche zu suchen. Die Dichtung der einen Gasflasche muss kürzlich abgefallen sein, als wir diese letztmals auffüllten. Im erstbesten Geschäft, welches Autoteile verkauft, fragen wir nach Dichtungen. Leider hat er keine passenden Dichtungen, da er offensichtlich nicht darauf spezialisiert ist. Kurzerhand ruft er seinen Kumpel an. Wenige Minuten später trifft ein verkaterter Herr mit dem Roller bei uns ein. Mit dabei hat er auf dem Roller nicht nur eine Gasflasche, sondern aus seinem Helmfach zaubert er unzählige Varianten an Dichtungen. Es ist ein Durcheinander, aber wir staunen nicht schlecht! Da er zwei passende Dichtungen in seinem Helmfach hat, kaufen wir gleich zwei Stück, eine als Reserve. Für 45 Rappen pro Stück hätten wir uns auch ein Dutzend leisten können. Und in der Zwischenzeit organisiert übrigens der junge Herr aus dem Autoteile-Laden ein passendes Kreuzgelenk für unseren Nissan. Da unser letztes Kreuzgelenk bereits nach 3’000km den Geist aufgegeben hat, wollen wir künftig ein solches Kreuzgelenk als Ersatzteil dabei haben. Die Ersatzteilbeschaffung wird auf unserer Reise nicht immer so einfach und schnell wie in der Türkei funktionieren. Erstaunlich, die haben einfach alles hier und wenn nicht, dann wird es irgendwie organisiert!

 

Das Amphitheater von Aspendos ist ein beliebtes Ausflugsziel der Pauschaltouristen, da es nicht weit von der Küste entfernt liegt. Auch heutzutage wird das Theater noch oft für Veranstaltungen genutzt. Allerdings setzen die Events der alten Bausubstanz zu. Durch die Vibrationen der lauten Musik entstehen immer mehr Risse. Während unserem Besuch wird gerade die Licht- und Tontechnik auf- oder abgebaut. So genau können wir nicht sagen, was die Bauarbeiter machen. Es sehen viele Leute aus, als ob sie hier arbeiten würden, aber wirklich einen Plan scheint keiner zu haben. 😊 Das Theater aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. bietet Platz für rund 20'000 Zuschauer. Von den obersten Treppenstufen kann man die gewaltige Grösse am besten auf sich wirken lassen. Die Personen auf der Bühne wirken von so weit weg, winzig klein. Da wir schon viele griechische Ruinen gesehen haben, besichtigen wir in Aspendos nur das Amphitheater und wir lassen die darum herum verstreuten Ruinen im grossen Ausgrabungsgebiet weg. Mit der Zeit werden die Ruinen etwas langweilig, da man sowieso nicht richtig etwas erkennt bzw. versteht.

 

Zurück auf der Küstenstrasse steuern wir Richtung Side. Die Grossstadt Antalya besuchen wir nicht. Wir sehen die Stadt jedoch schon von weitem am Horizont – lauter Hochhäuser erscheinen über der Meeresoberfläche. Leider führt die Schnellstrasse nicht wirklich an der Stadt vorbei, sondern viel mehr durch die Stadt hindurch. So dauert die Fahrt nach Side etwas länger als geplant.

 

Side kennen viele Schweizer. Das ist ein klassischer Ferienort für Pauschaltouristen, die ihren Urlaub im Katalog buchen. Gewöhnlich sind wir keine Fans von solchen Touri-Hochburgen. Doch es hat einen bestimmten Grund, warum wir nach Side fahren: Yvonnes Cousine und ihre Tante machen gerade Ferien in Side. Daher können wir uns diesen Abstecher natürlich nicht entgehen lassen. Wir finden einen wunderbaren kostenlosen Parkplatz, ca. 50 Meter vom Meer entfernt. Gleich daneben gibt es öffentliche Toiletten und eine warme Dusche, die wir für wenig Geld nutzen können. Die Aussicht aus unserem Camper ist um einiges besser als aus so manchem Zimmer, der All-Inclusive-Hotels, die uns umgeben. Wir haben wiedermal richtig Glück mit diesem Parkplatz.  Der Strand in Side ist zwar ziemlich voll, aber dennoch gefällt uns der Ort enigermassen. Uns fällt aber auch auf, dass Side deutlich teurer ist, als alle bisherigen Ortschaften in der Türkei, die wir besucht haben. So kostet ein Brot nun 6 Lira statt wie üblich nur 1.50 bis 3 Lira. Oder ein Pouletspiesschen mit Beilagen kostet gleich viel wie ein Mittagessen mit Getränken und Tee für uns gemeinsam. Am Abend spazieren wir die lange Strandpromenade entlang bis zum Apollon Tempel. Dort treffen wir Ramona und Silvia. Wir geniessen den geselligen Abend und tauschen unzählige Geschichten übers Reisen und über die Schweiz aus.


Konya - Wo die Mönche sich drehen

 Am nächsten Morgen verlassen wir Side Richtung Konya. Das ist gleichzeitig auch unser Abschied vom Mittelmer. Von nun an geht es für uns ins Landesinnere Richtung Norden, bis wir irgendwann an die Schwarzmeerküste stossen werden.

 

Die Strecke von Side nach Konya ist sehr abwechslungsreich und sehenswert. An der Küste sehen wir noch unzählige Treibhäuser mit Tomaten- und Bananenplantagen. Je mehr wir ins Landesinnere vorstossen, je karger wird die Landschaft. Wir überqueren einen Pass auf 1825m.ü.M. Die Umgebung wird immer trockener und steiniger. Einige Hügel wirken grün, da die Steine mit Moos bewachsen sind. In Konya erwartet uns eine andere Türkei als wir es bisher kennen. Unser Reiseführer schreibt von einer Islamisten-Hochburg mit über 70% AKP Wählern (Partei des türkischen Präsidenten Erdogan). Die Strassen sind breit und wir sehen unzählige Fahrradwege. Die Plattenbauten wirken einigermassen modern und keineswegs heruntergekommen oder verwahrlost. Kommt der Wohlstand von wohlwollenden Politikern? Wir steuern einen kostenlosen Caravan-Stellplatz am Stadtrand an. Der Stellplatz ist bewacht und verfügt über Stromanschlüsse, Wasser, Toiletten und Duschen. Wir finden das wirklich grosszügig von der Stadt Konya, solch einen tollen Platz mit Infrastruktur kostenlos zur Verfügung zu stellen. Kurz nach unserer Ankunft treffen die ersten Mitglieder eines türkischen Veloclubs ein. Die Herren sind froh, dass wir ihnen unseren Hammer fürs Einschlagen der Zelt-Heringe und unsere Kabelrolle als Verlängerung um die Luftmatratzen aufzublasen ausleihen. Sie revanchieren sich mit leckerem çay-Tee. Da die Stadt auf 1’000m.ü.M liegt und es ziemlich bewölkt ist, benutzen wir in dieser Nacht auch das erste Mal unsere Schlafsäcke. Es ist nur noch 15°C.

 

Am Mittag gelangen wir mit dem Tram ins Stadtzentrum. Wie es selbstverständlich wäre nimmt uns eine Frau mit Kopftuch fast an der Hand, um uns zu zeigen, wo wir das Ticket kaufen können. Und im Tram gesellt sich ein junger Student zu uns, der gut Englisch spricht und uns einiges über die Stadt erzählt. Würde uns diese Offenheit in der Schweiz wohl auch begegnen? Wohl kaum, aber wir werden uns davon eine Scheibe für zuhause abschneiden. Es gibt viele Moscheen zu besichtigen und wir schlendern durch das Bazar-Viertel. Die Bazar-Gassen sind toll. Es wirkt nicht wie für Touristen gemacht, sondern hier tätigen wirklich die Einheimischen ihre Einkäufe. Für uns ist Konya bislang das günstigste Reiseziel. Für einen Tee bezahlen wir 1 Lira (weniger als 20 Rappen) und für einen Poulet-Kebab 3 Lira (Fr. 1.60). Besonders die Markthalle (Obst- und Gemüseabteilung) ist sehr sehenswert.

 

Die bekannteste Sehenswürdigkeit ist das Mevlana Kloster. Das Kloster ist von einem schönen Rosen-Garten umgeben. Schon von weitem sticht uns die türkise Kuppel ins Auge. Die Farbe ist ein wunderschöner Kontrast zu den umliegenden Gebäuden und ein sehr gutes Fotomotiv. Sobald wir die Klosteranlage jedoch betreten, wird uns klar, dass sich wohl alle Touristen der ganzen Stadt genau hier aufhalten. Es ist ziemlich eng und in kleinen Vorräumen werden Gebetsteppiche und Korane ausgestellt. Wir besuchen jedoch keinen einzigen der der Vorräume, sondern beschränken unseren Besuch auf das Hauptgebäude. Auch hier drängen sich sehr viele Menschen auf kleinstem Raum und wir können das Innere nur so lange anschauen, bis wir von den Menschenmassen wieder zum Ausgang befördert werden. Wir finden diese Touristenabfertigung etwas schade, zumal sich unter den Besuchern auch Gläubige befinden, die mitten in den Menschenmassen am Beten sind, da das für sie ein heiliger Ort ist. Im Inneren des Hauptgebäudes befindet sich der Sarkophag von Mevlana und viele schöne Gemälde und alte Korane sind ausgestellt. Der 1273 verstorbene Mevlana wird bis heute als Volksheiliger verehrt. Das Hauptgebäude ist sehr sehenswert, aber am besten besucht man diese Attraktion wohl am Morgen früh oder am Abend.

Abends besuchen wir eine Derwitsche Aufführung. Wir haben Glück, denn die Aufführung findet nur zwei Mal pro Woche statt. Hierbei tanzen sich Männern in weissen Gewändern in einem ekstatischen Trancetanz, um Allah näher zu sein. Die Aufführung des Mevlevi-Orden dauert rund eine Stunde. Es wirkt nicht so, als ob die Männer das ganze nur für uns Touristen machen, sondern sie sind wirklich in ihrem Element und tanzen, weil das ihr Ritual ist. Die Stimmung ist sehr schön und andächtig. Nach der Aufführung wird nicht noch applaudiert, die Akteure verabschieden sich nicht vom Publikum.

 

Zurück beim Stellplatz erwarten uns unsere neuen Freunde vom Veloclub. Obwohl wir eigentlich in der Stadt schon gegessen haben, werden uns sofort Etliekmek (eine Spezialität aus Konya, ähnlich einer länglichen Gözleme/Omlette mit Peperoni und Hackfleisch) und Ayran (türkisches Joghurtgetränk) in die Hände gedrückt. Die knapp 20 Fahrradfahrer haben allen Grund zum Feiern. Sie haben heute erfolgreich ihre erste Tagesetappe gemeistert. Auch von der grossen Bananentorte und dem çay kriegen wir ein Stück ab. Wie selbstverständlich nehmen sie uns in ihre Runde auf und wir finden es schön, wie unvoreingenommen Türken auf andere Leute zugehen. Zum Glück haben wir noch ein paar Schoggistängeli dabei, um uns erkenntlich zu zeigen.


9000 Jahre Alt - Catahöyük eines der ältesten Dörfer der Welt

Der Herbst hält noch nicht Einzug. Glück gehabt. Wir erwachen am nächsten Morgen bei Sonnenschein und 20 Grad. Unsere Reise führt uns weiter nach çatahöyük. Wir fahren weiterhin auf der anatolischen Hochebene wie in Konya und bewegen uns andauern zwischen 1’000-1'020 m.ü.M. Die Ebene ist extrem flach und sehr fruchtbar. Es wächst zwar kaum etwas ohne ausreichende Bewässerung, aber die Bewohner haben schon vor unzähligen Jahren ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem entwickelt, um ihre Felder zur bewirtschaften. çatahöyük ist eine UNESCO Ausgrabungsstätte. Wir stellen uns also auf einige Touristenbusse und viele Asiaten ein. Zu unserer grossen Freude sind wir fast die einzigen Besucher der Ausgrabungsstätte und der Besuch ist kostenlos. Beim Eingang erklärt uns ein älterer Herr, dass wir zuerst das Besucherzentrum anschauen sollen uns erst dann die Ausgrabungsstätten. Das Besucherzentrum ist sehr gut aufgebaut und informativ. çatahöyük ist eine der ältesten Siedlungsstätten der Menschheit. Vor etwa 9’000 Jahren lebten hier in dieser strassenlosen Stadt zwischen 5’000-8'000 Menschen. In den Häusern gab es keine Türen. Die Bewohner betraten die Häuser über die Dächer. Das Leben fand in den Häusern und auf den Dächern statt. Erstaunlicherweise wurden die Toten auch gleich unter den Häusern begraben und nicht auf einem separaten Friedhof. Es gibt zwei grosse Ausgrabungsstätten. Nachdem wir uns im Besucherzentrum informiert haben, verstehen wir auch die Ausgrabungen etwas besser und können viel mehr erkennen. Wir sehen nicht nur alte Mauern sondern wir erkennen sogar die Küchen und die Gräber. Der Besuch hat sich wirklich gelohnt.


Vulkane im Anatolischen Hochland

 

Bei der Weiterfahrt durch unzählige Melonenfelder stellen wir fest, dass die Häuser in der Umgebung auch heutzutage noch mit Lehm gebaut werden. Wir tanken an der bisher günstigsten Tankstelle auf unserer Reise. 1 Liter Diesel für 1 Franken. Mit ausreichend Kraftstoff versorgt, geht es weiter zum Meke Gölu Vulkan. Der Vulkan befindet sich in der Mitte eines ausgetrockneten Salzsees. Der Anblick ist fabelhaft. Im Vordergrund eine Art weisser Canyon und dahinter der grün-braune Vulkan. Zuerst fahren wir oberhalb des Canyons entlang und schiessen ein paar Fotos. Apropos Schiessen: wir sehen am Rande des Canyons ein Auto und zwei Typen, die mit einem Gewehr irgendwo hinzielen. Uns ist mulmig zu Mute und wir wechseln sofort die Richtung. Wir fahren hinunter zum ausgetrockneten Salzsee. Das scheint ein beliebter Ort der Einheimischen zu sein – um zu trinken. Wir sehen überall leere Glasflaschen, Scherben und sonstigen Abfall. Und wieder diverse Patronen-Hülsen... Vier alte Herren sitzen bei ihrem Auto und winken uns zu sich. Wir setzen uns zu ihnen auf den Teppich. Auch sie trinken. Leider keinen çay, sondern Whisky. Und sie rauchen. Immerhin biete sie uns leckere Schokolade und Mandeln an. Obwohl David den Whisky mehrmals ablehnt, da er ja noch fahren muss, hat er kurze Zeit später einen Becher und eine Zigarette in der Hand. Das Argument noch Auto fahren zu müssen, scheint hier nicht zu zählen. Bei dieser Aussage werden wir nur belächelt. Eine halbe Stunde später sitzen wir wieder im Fahrerhaus von Pluto und verlassen diesen Ort, der uns zwar von weitem sehr gut gefallen hat, aber doch einen etwas faden Beigeschmack bei uns hinterlässt.

Wir wollen nach Kappadokien. Wir wählen aber bewusst diverse Nebenstrassen. Das ist irgendwie gemütlicher, als auf den schnellen Hauptstrassen mit den vielen Lastwagen. Und diese Entscheidung war genau richtig. Wir legen unzählige Fotostopps ein. Wir sehen wunderschöne Landschaften und viele Vulkanberge. Den 3’268m hohen Hasandagi sehen wir schon von weitem. Er thront wie ein König in der ansonsten eher flachen Landschaft. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir das Bergdorf Helvadere und sind froh, nach den guten Asphaltstrassen, den weniger guten Asphaltstrassen, den vielen Schlaglöchern, den Geröllpisten und den Schotterstrassen endlich eine Pause zu haben. Nach der bislang kältesten Nacht (8°C) erwartet uns am nächsten Morgen die Fahrt ins touristische Kappadokien.


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Kommentare: 1
  • #1

    Briseid (Dienstag, 08 Oktober 2019 22:29)

    Äs isch alles so spannend was ier zwøi schribet u die schøne landschaftsbilder! Merci mier
    Reise gärn mit öich wyter!! Aber hoffe dass dier nüme so ugmüetlichi begägnige meh heiT�
    Wyterhin gueti reis u liebi grüess��
    Ps mier gö am donschtig o ga vulkän luege nume chli weniger wyt... Lanzarote!