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Unangenehme Situation im Iran

Proteste im Iran, unser Umweg und Shiraz

Der Iran gefällt uns super und wir fühlen uns wohl. Doch plötzlich hören wir von den Ausschreitungen, die aufgrund der Erhöhung des Benzinpreises ausgebrochen sind. In vielen Städten wird demonstriert. Was sollen wir tun? Weiterreisen oder ausreisen? Ist es noch sicher im Iran oder wird uns etwas passieren? Hier schreiben wir, wie wir die turbulenten Tage erlebt haben und wie unsere Reise weiter geht.




Die Nachricht über die Proteste und wie es weiter geht

Wir sind zurück vom Einkaufen und haben genügend Rial gewechselt für die nächsten paar Tage.

 

Doch als wir wieder im Hotel sind, überbringen uns unsere Deutschen Freunde leider ziemlich schlechte Nachrichten. Bekannte von ihnen seien in Isfahan und dort gäbe es schlimme Proteste wegen der Erhöhung des Benzinpreises. Sie schildern in ihren Nachrichten wirklich unschöne Ereignisse und sie raten uns, auf keinen Fall weiter zu Reisen und im Hotel zu bleiben, da wir dort sicher sind. Wir sind geschockt! Wir hatten einen genauen Plan im Kopf, was wir die nächsten Tage machen wollten. Und jetzt plötzlich so etwas? Wir haben Angst. Im Internet sehen wir einige Bilder von den Protesten in anderen Städten, am Fernseher wird nur sehr wenig darüber berichtet.

 

Was sollen wir machen? Niemand von uns will etwas riskieren und vor allem haben unsere Freunde ein Kleinkind dabei. Wir diskutieren und überlegen hin und her. Die Iran-Strassenkarte liegt ausgebreitet im Zimmer und wir prüfen unsere Optionen. Eigentlich wollen wir bis nach Bandar Abbas im Süden, doch bis dorthin sind es über 2'000 Kilometern, vorbei an mehreren grossen Städten. Schaffen wir das? Trauen wir uns das zu? Erwarten uns unterwegs Strassenbarrikaden? Oder sollen wir ausreisen? Unsere Pläne mit dem Winter im Oman begraben? Das fällt uns wirklich sehr schwer, haben wir uns doch die letzten zwei Wochen so wohl und willkommen gefühlt im Iran.

 

Wir beschliessen, dass wir am nächsten Morgen gemeinsam im Konvoi zurück Richtung türkischer Grenze fahren, damit wir möglichst rasch ausreisen können. Seit heute funktioniert das Internet nicht mehr. Somit können wir uns nicht mehr informieren, was im Iran gerade so passiert. Einzig unsere internationale Simkarte der Swiss funktioniert noch. So können wir unsere Freunde zu Hause informieren, dass es uns gut geht. Wir fahren über 500 Kilometer zurück, fast genau die gleiche Strecke, die wir bereits vor vier Tagen gefahren sind. Wir passieren einige kleinere Ortschaften und einige für den Iran eher kleine Städte, die aber allesamt grösser als Bern sind. Und wir sehen nirgendswo Proteste, Demonstranten oder Blockaden. Wir werden wie immer herzlich begrüsst und die Leute winken uns zu. Wir fühlen uns keineswegs unwohl. Wir beschliessen während der Fahrt, dass wir noch nicht ausreisen wollen. Wir wollen unserem Traum vom Winter in den Emiraten und im Oman nicht begraben, wir wollen dem Iran noch eine Chance geben. Beim nächsten Stopp informieren wir unsere Deutschen Freunde darüber. Und sie sind genau der gleichen Meinung. Auch sie haben während den letzten Kilometern nichts von den Protesten mitbekommen und sich nicht unwohl gefühlt. So bringen wir uns in Urmia, nahe der türkischen Grenze, vorerst in Pole-position, falls wir doch ausreisen müssen.


Abwarten und Tee trinken im 5* Hotel

Für uns alle wäre es eine sehr drastische Änderung unserer Reisepläne, wenn wir den Iran jetzt verlassen würden. Also suchen wir uns im Urmia, 40 Kilometer vor der türkischen Grenze, ein nettes Hotel, um ein paar Tage abzuwarten. Da das Internet nicht funktioniert, steuern wir ein Hotel an, das auf Google gut bewertet ist und am Stadtrand liegt. Wir wollen die Stadtzentren meiden. Als wir vor dem Hotel stehen, wissen wir auch woher die gute Bewertung kommt. Fünf Sterne sind an der Hotelfassade zu sehen. Es ist abends, der Verkehr in der Stadt war mörderisch und die Fahrer David und Ingmar sind müde. Daher beschliessen wir, dass wir trotz des hohen Zimmerpreises von 75 Franken pro Nacht hierzubleiben. So ein pompöses Zimmer hatten wir noch nie. Da wir eh keine Sehenswürdigkeiten im Zentrum anschauen wollen, geniessen wir die Badewanne und den Wellnessbereich ausgiebig. Wir telefonieren mit einem Automechaniker in Isfahan und einem Agenten in Bandar Abbas. Als wir sie fragen, wie die Lage wegen den Demonstrationen sei, antworten beide, dass das Wetter schön sei. Wir sind etwas verwirrt. Sprechen sie zu schlecht Englisch oder dürfen sie mit uns nicht über dieses Thema reden? Oder wollen sie uns mit dieser Aussage zu verstehen geben, dass die Lage in Ordnung sei? Wir versuchen per SMS und per Telefon andere Reisende zu kontaktieren, die derzeit im Iran sind. Da das Internet nicht geht, sind sie derzeit unsere einzige Informationsquelle. Im Südwesten des Landes scheint es ausserhalb der Städte ruhig zu sein, obwohl es dort gemäss Medien grosse Demonstrationen geben soll. Und die beiden Motorradfahrer, die vor zwei Tagen in Isfahan mitten in eine Demonstration geraten sind, sind weiter nach Shiraz gereist. Das stimmt uns positiv.


Die Weiterreise nach den Protesten durch verschneite Berge

Somit legen wir uns einen Plan zurecht, um in den nächsten Tagen möglichst rasch nach Bandar Abbas zum Hafen zu fahren. Wir kalkulieren mit Tagesetappen von ca. 500-600 Kilometern. Nach zwei Tagen «Wellnessurlaub» fahren wir los. Wieder treffen wir unterwegs viele freundliche Iranern. Nach mehr als 600 Kilometern auf der Autobahn erreichen wir Qazvin. Wir fahren durch Schneeberge und es schneit, da die Fahrbahn aber trocken ist, kommen wir gut vorwärts. Am Abend suchen wir uns in der Nähe des Hotels ein Restaurant. Wir landen in einem typischen Einheimischen-Lokal. Nur Männer sitzen im Restaurant. Sie essen eine Art Suppe und qualmen dazu Zigaretten. Da wir mit Yvonne und Marion zwei Frauen dabei haben, werden wir durch die Küche in die obere Etage gebeten. Dort befindet sich auf einer Art Galerie ein langer Tisch. Ein Herr nimmt unsere Bestellung auf. 5 Mal Essen, 4 Dough (iranisches Joghurtgetränk, wie Ayran in der Türkei) und eine Miranda (Fanta). Da es nur ein Menü gibt, ist ja auch klar, was wir gleich essen werden. Nur wissen wir noch nicht was. Ein paar Minuten später taucht der ältere Herr mit fünf Tonschälchen und Tellern auf. Dabei hat er auch fünf Mörser. Er erklärt uns genau, wie wir das Gericht zu Essen haben. Zuerst wird die Suppe abgegossen und mit einem Stück Fett vermischt. Das ist der erste Gang. Als zweites leert man alles andere in den Teller: Kichererbsen, Fleisch, Kartoffeln und etwas Sauce. Das wir dann mit dem Mörser zerdrückt, auf ein Fladenbrot gestrichen und gegessen. Yvonne graust es schon ziemlich beim Anblick, da David dieses Gericht am ersten Abend in Aserbaidschan schon hatte und der Hammel-Geschmack damals einfach alles übertönte. Doch erfreulicherweise ist das Gericht, genannt Abgoosht Dizi, dieses Mal mit Rindfleisch zubereitet. Auch der kleinen Antonia schmeckt das prima. Drei Herren vom Restaurant stehen während wir essen hinter unserem Tisch und schauen uns beim Essen zu. Zum Schluss gibt es natürlich noch Chai Tee und ein paar Fotos. Wohlgesättigt verlassen wir das Restaurant.

 

Am nächsten Tag fahren wir nicht nur durch die Schneeberge, sondern wir geraten mitten in ein Schneegestöber. Lastwagen mit übermüdeten Fahrern, schlechten Pneus, schlechten Bremsen, überladen und mit überhöhter Geschwindigkeit scheinen eine schlechte Kombination zu sein. Wir sehen unzählige umgekippte Lastwagen am Strassenrand. Das erste Mal haben wir Mühe, an Diesel zu kommen. Eine Tankstelle wird in iOverlander (einer Reise-App) empfohlen. Wir Frauen bleiben in den Autos sitzen. Die Herren verhandeln den Preis. Währenddessen geht ein älterer Herr zu Marion ans Auto. Wie sie uns später erzählt, hat er sie zwei Mal zwischen den Beinen angefasst. Auch bei Yvonne öffnet der Herr einfach so die Beifahrertüre. Nachdem er irgendetwas auf Farsi gesprochen hatte, Yvonne ihn aber nicht verstand, schloss Yvonne die Türe glücklicherweise recht rasch wieder. Froh, dass unsere Tanks voll sind und wir die Tankstelle endlich verlassen können, verlassen wir die Tankstelle möglichst schnell wieder. Wir fahren bis kurz nach Isfahan und übernachten im bisher wohl schlechtesten Hotel. Es ist jedoch aushaltbar und die Lage nur wenige Meter neben der Schnellstrasse machen das Hotel für uns zu einem optimalen Übernachtungsort. Da das Hotel am Ortsrand liegt, essen wir im Hotelrestaurant zu Abend. Leider scheint Yvonnes Magen an dem Hühnchen mit Sesam nicht sehr erfreut zu sein und es stehen ihr eine unruhige Nacht und ein paar unangenehme Tage mit Magenproblemen bevor.

 

Auch am nächsten Morgen gestaltet es sich erneut schwierig, Diesel zu bekommen. An der ersten Tankstelle hat der Tankwart keine Tankkarte. Darum erhalten wir von zwei netten Lastwagenfahrern je 30 Liter Diesel. Aber damit wir unsere Tanks füllen können, müssen wir schon kurz später an einer weiteren Tankstelle anhalten. Hier klappt es und wir können unsere Tanks endlich ganz auffüllen.


Die einstige Hauptstadt Persepolis

Erneut fahren wir durch verschneite Berge. Bevor wir das frühlingshafte Persepolis nördlich von Shiraz erreichen, passieren wir einen Pass auf 2’550m.ü.M. In Persepolis nächtigen wir in einem Hotel direkt neben der Ausgrabungsstätte. Wir sind die einzigen Gäste und das anwesende Hotelpersonal (fünf Mitarbeiter für uns fünf Gäste) isst an unserem Nachbarstisch zu Abend.

 

Früh morgens besichtigen wir Persepolis, die einstige Repräsentationshauptstadt des achämendischen Weltreiches, das König Darius um 518 vor Christus gründete. Hier sehen wir das erste Mal wieder einige westliche Touristen. Wir buchen uns vor Ort einen Guide. Leila führt uns während zwei Stunden durch die Ausgrabungsstätte. Zuerst passieren wir die grossen, 18 Meter hohen Säulen beim Eingang. Viel ist leider nicht mehr übrig von diesem Gebäude. Anschliessend erreichen wir den spannendsten Teil: Eine grosse Wand neben einer Treppe ist wunderschön verziert. Die kleinen, feinen in den Stein gemeisselten Zeichnungen sind erstaunlich gut erhalten. Wie uns Leila erzählt, lag dieser Bereich von Persepolis jahrelang unter der Erde verschüttet. Daher sind auch alle Inschriften noch so gut erhalten. Die Wand entlang der Treppe erzählt die Geschichte der 23 Delegationen, die an den Feierlichkeiten teilgenommen haben. So ist zum Beispiel zu sehen, dass die Inder einen Esel mitgebracht haben oder die Assyrer einen Wyder. Die Abbildungen sind sehr schön, extrem detailgetreu (z.B sind bei den Menschen fünf Zehen zu sehen oder wenn Leute eine Vase tragen die Adern an den Armen) und super erhalten. Diese Palastanlage wurde übrigens nicht von Sklaven erbaut, sondern die Arbeiter, die aus den verschiedensten Ländern der Welt stammten, erhielten Lohn für ihre Dienste. Das war für diese Zeit sehr ungewöhnlich. Aber Darius war seiner Zeit in diversen Dingen voraus, so baute er bereits Kanalisationen und er war sehr weltoffen gegenüber anderen Religionen. Religion und Politik wurde unter seiner Regierung getrennt. Frauen erhielten übrigens den doppelten Lohn der Männer. Wer in der Nähe von Shiraz ist, darf Persepolis definitiv nicht auslassen. Und einen Guide können wir wirklich empfehlen. Sonst sieht man einfach nur Steine und Ruinen. Aber mit dem Guide werden den alten Zeichnungen und Steinen Leben eingehaucht und man versteht deren Bedeutung.


Das malerische Shiraz

 

Am Stadtrand von Shiraz quartieren wir uns im 5* Hotel Shiraz ein. Eigentlich sind wir Budgetreisende, aber bei den Preisen… Für nur 35 Franken pro Nacht haben wir ein riesiges Zimmer mit Balkon, eine wunderbare Sicht über die Stadt und einen schönen Wellnessbereich. Der Concierge sagt uns, dass im Stadtzentrum wieder alles ruhig und die Proteste beendet seien. Auch läuft das Internet seit ein paar Stunden wieder, nachdem das Netz für sechs Tage ausgeschaltet war. Also wollen wir endlich mal wieder in eine Innenstadt. Wir nehmen ein Taxi und fahren zu einer Wäscherei und zu einer Geldwechselstube. In der Tat ist nichts mehr von Unruhen zu spüren und wir sehen auch keine Verwüstungen oder ähnliches. Neben der Wäscherei gibt es viele Outdoor-Läden, Jack-Wolfskind Hosen, die wie das Original aussehen, aber leicht anders heissen 😊 und Made in China sind.

Anschliessend fahren wir mit Pluto an den Stadtrand, damit wir unsere Gasflaschen füllen können.

 

Wir erreichen eine Seitenstrasse, die sehr belebt ist. Unzählige Autos sind am Strassenrand parkiert und mehrere Männer rollen Gasflaschen über den Boden zurück zu ihren Autos. Danach füllt jeder selber das Gas mit einem Schlauch in sein LPG-Auto. Seit kurzem ist es im Iran verboten, LPG an Tankstellen zu tanken, denn nur noch Erdgas ist erlaubt. Aber es gibt halt noch einige LPG-betriebene Autos im Land. Daher muss das Gas umgefüllt werden. Als wir ankommen, scheint das Gas gerade ausverkauft zu sein. Viele Einheimische treten mit ihren immer noch leeren Gasflasche die Heimfahrt an. Wir werden von einem Herren durch ein grosses Eisentor in einen Innenhof gewunken. Hunderte von Gasflaschen stehen herum. Und rechts davon befindet sich ein grosser LPG Tank. Aber wie es scheint ist der Tank leer. Daher stellen die beiden Inhaber kurzerhand eine Gasflasche auf den Kopf und lassen das Gas so in unsere Schweizer Flaschen laufen. Wirklich abenteuerlich. Aber die Jungs scheinen ihr Handwerk zu verstehen, auch wenn das für westliche Augen sehr unkonventionell aussieht. Gegen Ende stellen sie die Flasche auf eine Waage, damit die Flaschen nicht überfüllt werden. David und Ingmar schauen dem ganzen Geschehen zu. Währenddessen wurde Yvonne ins Wohnzimmer zu den Frauen und Kindern gebeten. Zum Glück, denn bei dieser abenteuerlichen Umfüllaktion war ihr schon etwas mulmig zu Mute. Englisch spricht keine der Frauen, aber eine Tasse Tee und Google Translate sowie einige Fotos von zu Hause ermöglichen eine Unterhaltung. Die Familie lebt sehr bescheiden und die Kinder haben nicht viel. Wir lassen ein Plüschtier und einige Süssigkeiten für die Kinder da. Die erste Flasche ist voll und wiegt genau 12.8kg, was der Norm entspricht. Die zweite Flasche ist leider mehr als zwei Kilogramm zu schwer. Ingmar entleert kurzerhand am Strassenrand wieder einige Kilos. Für 1.50 Franken zwei volle Gasflaschen, wir können uns wirklich nicht beklagen. Auf dem Rückweg zum Hotel lässt Ingmar einen Ölwechsel bei seinem Mitsubishi machen. Da im Iran nur die Lastwagen mit Diesel fahren und wir nicht sicher sind, ob wirklich eines der Öle für Pluto geeignet sind, lassen wir das Öl nicht wechseln. So dringend ist das bei uns noch nicht. Obwohl es hier bestimmt günstiger wäre als in ein paar Wochen in den Emiraten…

 

Am Abend essen wir im landestypischen Restaurant in unserem Hotel. Irgendwie haut uns die iranische Küche noch nicht vom Hocker. Die vielen Fleischkebabs oder Hähnchenkeulen, der fade und trockene Reis und die schwarz grillierte Grilltomate als Beilage können wir bald nicht mehr sehen…. Was fast immer lecker ist, ist das Brot und der Gurken- oder Zwiebeljoghurt. Wir hoffen, dass wir im Süden noch ein paar andere, spannendere iranische Gerichte kennenlernen dürfen. Und wir freuen uns riesig darauf, endlich wieder selber im Pluto zu kochen.

Der nächste Tag steht ganz im Zeichen des Sightseeings. Als erstes besuchen wir den Shãh Chérãgh Schrein. In unserem Reiseführer steht, dass der heilige Schrein von Muslimen nicht besucht werden darf, und dass Frauen einen Chador, ein Ganzkörper-Gewand tragen müssen. Am Eingang geben wir den Rucksack ab, da keine grossen Taschen erlaubt sind. Dann gibt uns der Wärter zu verstehen, dass wir warten sollen. Kurze Zeit später taucht Amin auf. Er arbeitet auf Freiwilligen-Basis für das Tourismusministerium. Ausländer werden gratis durch die Anlage geführt. Wir sind sehr froh darüber, denn so können wir viele Fragen stellen und dank Amin wissen wir auch wie wir uns zu benehmen haben und was erlaubt ist. Wir Frauen erhalten am Eingang einen Chador. Es gibt sogar extra eine Touristenversion mit Ärmeln und Reissverschluss. Da soll mal einer sagen, dass die Iraner nicht Ausländer-Freundlich seien. Wir betreten die Anlage durch ein Tor und erreichen einen grossen Innenhof mit einem Teich. Dahinter befindet sich ein grosses, modernes Gebäude. Laut Amir hat dieser Saal Platz für 10'000 Personen. Wir passieren ein weiteres Tor, welches wunderschön mit türkisfarbenen Mosaiken verziert ist. Von Nahem sieht man die vielen tausenden Mosaiken. Amin erklärt uns den Unterschied zwischen einer Moschee und einen Schrein. Eine Moschee sei wirklich nur zu Gebetszeiten geöffnet und ein Schrein hingegen besteht meist aus mehreren Gebäuden und dient als eine Ort Aufenthaltszentrum. Daher ist es auch erlaubt, dass hier Kinder herumrennen, spielen und es muss nicht so still und leise sein wie bei uns zu Hause in einer Kirche.

 

Als nächstes dürfen wir – entgegen unserem Reiseführer – auch den heiligen Schrein betreten. Amin sagt uns, wir sollen nur den Boden anschauen und erst dann den Kopf heben, wenn er uns ein Zeichen gibt. Was für ein Moment: Wir blicken in tausende, ja vielleicht sogar Millionen von kleinen Spiegel-Mosaiken. Wow, dieser Raum ist wirklich wunderschön. Und auch die einheimischen Iraner begrüssen uns und heissen uns willkommen. Als gebührender Abschluss begleitet uns Amin aufs Dach, von wo aus wir eine wunderschöne Aussicht auf die türkise Kuppel und die goldenen Minarette haben. Wir sind sehr dankbar, dass wir als Nicht-Muslime dieses schöne Bauwerk besichtigen durften und dass uns Amin so vieles erklärte. Amin gibt uns am Schluss noch drei Broschüren mit. Zwei dieser Broschüren sind von Ayatollah Ali Khamenei verfasst, dem religiösen Führer, und der deutsche Inhalt ist explizit an die westliche Jugend gerichtet. 

In der Nasir-ol-Molk-Moschee bestaunen wir die vielen farbigen Fenster. Der Sicherheitsmann sagt uns, dass das Licht eigentlich am Morgen zwischen 7-10 Uhr am idealsten sei, da sich dann die Farben der Fenstermosaiken im Inneren der Moschee abbilden. Er zeigt uns auch einige Fotos von persischen Katzen auf seinem Handy. Und wir schauen gekonnt weg, als sich Fotos von freizügig gekleideten Frauen unter die Katzen-Fotos mischen. Immer mit Kopftuch natürlich. 😊

 

Die nächsten Tage bummeln wir über den Bazar. Im Iran herrscht von 11-16 Uhr eine Art «Siesta», alle Geschäfte sind dann geschlossen und die Innenstädte sind fast menschenleer. Am Abend pulsieren die Strassen dann wieder. Auf dem Bazar kaufen wir eine Schischa und wir verbringen gemütliche Abende auf dem Balkon unseres Hotelzimmers. 


Ab in den Süden, der Sonne hinterher

Tags darauf holen wir ein paar Sachen im Camper. Dabei stellen wir leider fest, dass unser Kühlschrank nicht mehr kühlt. Die Lampe leuchtet und blinkt nicht, das heisst, dass das Gas funktioniert. Auch die Zündung schaltet sich normal ein. Ist die Gasqualität vielleicht schlecht? Wir prüfen ob das Gas auf dem Kochherd brennt. Alles scheint normal zu sein. Wir wissen nicht, was das Problem sein könnte. Erst nach ein paar Stunden fällt uns ein, dass unser Auto extrem schräg in der Hoteleinfahrt parkiert ist. Wie uns Google bestätigt, vertragen Absorber-Kühlschränke leider nur eine maximale Schräglage von 5%. Also hoffen wir, dass sich unser Problem am nächsten Tag bei der Weiterfahrt einfach in Luft auflösen wird. Und so ist es dann auch: Sobald wir fahren und wieder grad stehen, funktioniert der Kühlschrank wieder einwandfrei. Wir haben also etwas gelernt. Schade, um all die Lebensmittel im Kühlschrank, den leckeren Reibkäse und das Fleisch im Gefrierfach.

 

Unser nächstes Ziel ist ganz klar: Wir wollen den Sommer zurück. Gemäss Wetterprognose ist es 400km südlich von uns, am Persischen Golf, rund 27°C. Daher fahren wir zügig los. Erstaunlicherweise ist der Dieselverbrauch auf 10.8 Liter gesunken. Ob die Diesel-Aditive oder der niedrigere Luftdruck auf über 1’500m.ü.M. ein Grund dafür sind? Wir wissen es nicht. Wir sind nun etwas mehr als 4'000 Kilometer durch den Iran gefahren. Und für Diesel haben wir bislang 38 Franken ausgegeben. Echt unfassbar! 😊 Ab Firuzabad können wir dem Thermometer praktisch zuschauen, wie die Temperatur gemächlich von 13 auf sagenhafte 24 Grad steigt. Wir passieren diverse Hochebenen und sehen mal crèmefarbene, mal grüne, mal rote, mal schwarze Berge an uns vorbeiziehen. Hier leben einige Nomaden in einfachsten Zelten am Strassenrand. Die Hirten bewachen ihre Ziegenherden. In den Ortschaften sind viele Metzgereien zu sehen. Das funktioniert hier etwas anders als zu Hause. Links im Schaufenster hängt das Fleisch, rechts vor der Metzgerei ist ein Zaun aufgebaut, in dem sich unzählige Schafe und Ziegen auf engstem Raum tummeln. Oder wir sehen auch einige junge Kamele, die neben der Metzgerei an einen Pfahl gebunden sind. So bekommt der Begriff Frischfleisch eine ganz andere Bedeutung. Wie an jedem Fahrtag nerven wir uns über die Fahrweise der Iraner. Ist es wirklich nötig, dass uns auf kurvigen Strecken, die steil bergab gehen und teilweise durch schlecht beleuchtete Tunnels führen, Tanklaster und sonstige Lastwagen mit über 100 km/h überholen!?

 

Kurz bevor wir die Küste erreichen, wollen wir nochmals tanken. An der ersten Tankstelle werden wir leider weggeschickt, da der Tankwart keine Dieseltankkarte hat. Ein Lastwagenfahrer will uns eigentlich helfen, aber leider funktioniert seine Tankkarte nicht. Da wir noch nicht so dringend Diesel benötigen, fahren wir weiter. Ein Tanklaster überholt uns und schaltet den Warnblinker ein. An der nächsten Tankstelle versuchen wir erneut unser Glück. Als wir dort eintreffen, erwartet uns bereits der nette Truckfahrer des Tanklasters, der uns bereits an der letzten Tankstelle zu helfen versuchte. Auch dieser Tankwart hat keine Tankkarte. Also zapft der Lastwagenfahrer kurzerhand mit einem Schlauch und einem Kanister 20 Liter Diesel aus seinem Lastwagen-Dieseltank ab. Mit dem Schweizer Taschenmesser schneiden wir den Hals einer Petflasche ab, die als Trichter fungiert. Der Diesel ist hier wirklich billig, so macht es auch nichts, dass bei dieser Umfüllaktion mehrere Liter daneben laufen und auch Davids Schuhe grosszügig mit Diesel getränkt werden. Der Fahrer will kein Geld dafür. Zum Glück haben wir noch genügend Schokolade und Kuhglocken im Camper, die wir als Geschenke verteilen können. Unterwegs traf ein weiterer Lastwagen an der Tankstelle ein, damit unsere Deutschen Freunde direkt von der Zapfsäule Diesel tanken können.

 

Wir fahren durch die Berge, sind gemäss Navi aber sehr nahe am Meer. Doch das blaue Nass ist nicht in Sicht. Erst als wir knapp einen Kilometer vor der Küste um eine Kurve biegen, sehen wir plötzlich das Meer. Wir sind am Persischen Golf! Und unser Thermometer zeigt sagenhafte 27°C an. Wie wir uns in diesem warmen Klima zurechtfinden werden, erfährst du in nächsten Blogbeitrag.

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