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Im Eiltempo von Bandar Abbas nach Astara

2000 Kilometer in 5 Tagen - Seidenstrasse Express

Leider hat die Corona-Krisa auch uns erreicht... Noch auf der Fähre von Sharjah in den Iran, erreichen uns die ersten Nachrichten zu Grenzschliessungen. Die Türkei, Armenien, Pakistan, Irak und Turkmenistan schliessen die Grenzen zum Iran. Wir sitzen schon auf der Fähre, für uns gibt es kein Zurück mehr. Eine Option bleibt uns noch offen, in fünf Tagen 2000 Kilometer von Bandar Abbas nach Aserbaidschan zu fahren. Wir werden von einem Gefühlschaos begleitet. Die Iraner begegnen uns mit offenen Armen und sind wieder unfassbar gastfreundlich. Sollen wir nicht noch länger im Iran bleiben? Jeden Tag könnte die Grenze zu Aserbaidschan schliessen, wir wären eingesperrt.


Iran



Zurück in der bemerkenswerten Gastfreundschaft

Trotz Coronavirus ist es irgendwie schön wieder in Bandar Abbas zu sein. Alles kommt uns etwas bekannt vor, da wir bereits letzten Dezember in der bedeutendsten Hafenstadt des Irans waren. Wir verlassen das Hafengelände und um uns herum kreisen wieder dutzende Peugeot Fars (Modell 406). An den iranischen Strassenverkehr müssen wir uns wieder gewöhnen. Schon beim ersten Kreisel versuchen wir uns zu erinnern "Wir war das nur noch mit dem Kreisverkehr? Ahh ja, derjenige, der in den Kreisel hineinfahren will, hat Vortritt 😅"... so zumindest die Theorie. In der Praxis fährt einfach jeder drauf los.

 

Fährüberfahrten sind jeweils sehr anstrengend für Reisende mit einem eigenen Fahrzeug. Es ist nicht unbedingt die Schifffahrt selber, sondern das gesamte Prozedere, die langen Wartezeiten und die Bürokratie, die nervt und ermüdend ist. Ganze zwei Tage waren wir unterwegs, um eine Strecke von gerade mal 200 Kilometern zu überwinden. Erschöpft kommen wir an unserem Stellplatz in Bandar Abbas an. Wir legen uns gleich mal für ein paar Stunden schlafen.

 

Kurz nach Sonnenuntergang stehen wir wieder auf. Es ist uns ein Dorn im Auge, dass unsere Irancell Simkarte nicht mehr funktioniert. Unsere Mobiltelefone wurden durch die Regierung blockiert, da wir diese im Dezember nach 30 Tagen nicht registriert haben. Die Registrierung bzw. eine Art Importgebühr eines zwei Jahre alten Smartphones kostet etwa 60 Euro, was wir vollkommen übertrieben finden. Kein Smartphone bedeutet für uns auch keine Nachrichten und keine Infos. Darum muss dafür baldmöglichst eine Lösung her.

 

Normalerweise fahren wir nie, wenn es dunkel ist. Heute Abend entscheidet David trotzdem, dass wir mit dem Auto ins Zentrum zu fahren, um etwas Zeit zu sparen. Der Verkehr nimmt abends im Iran jeweils stark zu, jedes dritte Auto fährt ohne oder mit sehr schlechtem Licht. Man braucht wirklich Nerven aus Stahl, die Hupe ist der einzige Schutz den wir haben. Nach fünfzehn Minuten erreichen wir einen grossen Parkplatz in der Nähe vom Bazar. Zuerst müssen wir Geld wechseln. Es ist echt krass, seit wir letzten November hier waren hat sich die Währung extrem abgewertet. Für uns ist der Iran jetzt über 30% günstiger als noch vor 3 Monaten. Für 400 USD erhalten wir 60'800'000 iranische Rial, der Wahnsinn...

 

Wie so oft im Iran, kommen wir auch jetzt wieder extrem schnell in Kontakt mit Iranern. In der Wechselstube ist ein wohlgekleideter, junger Mann in unserem Alter. Manoochehr ist in unserem Alter und spricht fliessend Englisch. Er wechselt hier gerade seine Ersparnisse von Rial in Dirham, damit er mehr Sicherheit hat. Devisen zu kaufen, ist sehr verbreitet unter den Iranern. Darum sind die Wechselstuben auch immer gut besucht und die meisten sind sehr seriös. Weil wir noch 15 Dirham aus den Emiraten in unserer Hosentasche haben, schenken wir diese an Manoochehr. Es erweist sich als Glückstreffer, dass wir ihn heute treffen. Als wir ihn fragen, wo wir unser Telefon registrieren lassen können, ruft er gleich seinen Freund an und klärt alles ab. Wie wir befürchtet haben ist es viel zu teuer. Manoocheer arbeitet aber in der IT-Branche als Netzwerk-Ingenieur und hat so seine Kontakte in der Stadt. Prompt bittet er uns in seinen Peugeot 406 zu steigen und fährt uns zu einem Shop, in dem wir einen Simcard-Router kaufen können. Simcard Router haben keine IMEI Nummer und müssen daher nicht registriert werden. Nachdem uns Manoocher den Router organisiert hat, rennt er noch etwa eine Stunde von Irancell-Shop zu Irancell-Shop um unsere Simkarte zu aktivieren oder um eine Neue zu kaufen. Leider müssen wir aber dieses Vorhaben abbrechen, da keiner der Shops eine Simkarte für Touristen im Angebot hat. Wir verschieben die Suche auf Morgen, in der Hoffnung, dass uns der Irancell-Shop am Hafen eine Touristen Simkarte verkauft. Manoochehr nimmt seine Rolle als Gastgeber sehr ernst, es bricht einem fast das Herz, diese unübertroffene Gastfreundschaft der Iraner. Als wir uns von ihm verabschieden, gibt er uns noch ein Gedicht von Saadi Schirazi mit auf den Weg. Saadi Schirazi ist der bekannteste persische Dichter aller Zeiten. Er wurde im Jahre 1200 in Schiraz geboren und ist einer der einflussreichsten Dichter der persischen Literatur des Mittelalters. 

 

"All of the sons of Adam are part of one single body. They are all of the same essence. When time afflicts us with pain in one part of that body, all the other parts feel it too. If you fail to feel the pain of others, you do not deserve the name of man."😉 Good luck my friends🙏

 

"Alle Söhne Adams sind Teil eines einzigen Körpers. Sie sind alle vom gleichen Wesen. Wenn uns die Zeit in einem Teil dieses Körpers Schmerzen zufügt, dann fühlen auch alle anderen Teile dieses Körpers diese Schmerzen. Wenn Sie den Schmerz anderer nicht spüren, verdienen Sie den Namen des Menschen nicht." 😉 Viel Glück meine Freunde 🙏


So kommen wir trotzdem noch zu einer Simkarte

Tag zwei in Bandar Abbas bricht an. Nach den schönen Erlebnissen von gestern sind wir hin und her gerissen. Sollen wirklich einfach möglichst schnell durch den Iran reisen, oder sollen wir das Land trotz Corona einfach ganz normal geniessen? Die Leute hier haben das nicht verdient! Es ist eine sehr schwierige Frage. Abgesehen von den vielen Schutzmasken, die die Leute tragen, scheint alles ganz normal zu sein. Es ist eine Frage, welche uns die nächsten paar Tage noch begleiten wird. Fakt ist, die einzige Grenze, welche rundum Iran noch geöffnet ist, ist Aserbaidschan. Unsere Hoffnungen auf das Turkmenistan-Visum haben wir inzwischen abgeschrieben. Wir bleiben vorläufig bei unserem Plan, was bedeutet 2’000 Kilometer in möglichst schneller Zeit von Süd nach Nord zu bewältigen.

 

Um uns auf dem Laufenden zu halten, brauchen wir eine Simkarte. Ehe wir diese haben, können wir uns nicht auf den Weg machen. So geht die Suche heute weiter. Zuerst unsere Gasflaschen auffüllen und danach im Hafengelände eine Simkarate kaufen. So der Plan, das Resultat jedoch aussergewöhnlich anders. Auf dem Weg aus der Stadt zu der LPG-Fabrik sehen wir von Weitem einen grünen Renault mit Gepäckträger und der Aufschrift "All India Permit". Tatsächlich ein Reisender und dies noch mit Schweizer Nummernschild, das hätten wir jetzt echt nicht erwartet. Wir hupen und ziehen am Auto mit Freiburger Kennzeichen vorbei, setzten den Blinker und steigen ein paar Meter später aus unserem Fahrzeug. Hinter uns reiht sich der grüne Peugeot und ein silberner Peugeot mit iranischem Kennzeichen ein. Wir stehen vor einem bärtigen Mann, mit langen Haaren und Tattoo auf dem Kopf. Alibaba stellt sich uns auf Französisch vor. Genau wie wir freut auch er sich Schweizer zu treffen. Der Freiburger war die letzten Monate in Indien und Pakistan unterwegs. In diesen Ländern betreut er verschiedene Projekte für sein Schweizer NGO. Seit Neustem hat er auch ein Projekt im Iran. Hier kommt der silbrige Peugeot ins Spiel, mit ihm dabei Reza, ein Iraner aus Bandar Abbas. Reza betreut das Projekt vor Ort und begleitet Alibaba aus der Stadt, nur um Tschüss zu sagen.

 

Noch ein zweites Mal erleben wir die iranische Gastfreundschaft, unglaublich diese Iraner! Reza drückt uns einen grossen Sack geröstete Nüsse in die Hand. Er verabschiedet sich herzlich von Alibaba und wendet sich an uns. Reza bietet uns an, uns bei Besorgen einer Simkarte behilflich zu sein. Er sagt uns, dass wir ihn in einer Stunde beim Hauptplatz in Bandar Abbas treffen sollen. Während wir die Gasflasche auffüllen lassen, organisiert er uns eine Simkarte. Wir besorgen uns in der Zwischenzeit noch eine Autoversicherung und treffen Alibaba wie abgemacht eine Stunde später. Tatsächlich steht er am Strassenrand bereit, um uns zu empfangen. Er schenkt uns die Simkarte, die er auf seinen Namen registrieren hat lassen. Inklusive Guthaben. Auf keinen Fall will er, dass wir etwas dafür bezahlen. Und damit nicht genug. Er schenkt uns auch noch zwei Packungen mit iranischen Süssigkeiten, Sesam mit Dattelsirup. Jedes Mal haben wir so ein schlechtes Gewissen, weil wir einfach nicht genug zurückgeben können. Hoffentlich dürfen wir alle diese netten Leute einmal bei uns in der Schweiz als Gäste begrüssen!

 

Wir hatten Reza bereits vorhin informiert, dass wir leider heute noch aus der Stadt fahren werden. Etwas enttäuscht war er sicherlich, wollte er doch mehr Zeit mit uns verbringen. Es tut uns echt leid, aber wir müssen möglichst schnell in Richtung Norden fahren. Jeder Tag zählt, wir wissen nie wie lange die Aserbaidschaner die Grenze noch offenhalten. Bevor wir losfahren, will Reza uns noch seiner Frau vorstellen. Für ein kurzes Treffen reicht es noch. Kurze Zeit später treffen wir Naeem. Eine junge, modern gekleidete Iranerin. Auch sie spricht, wie so mache junge Leute hier, Englisch. Wir machen zusammen ein paar Selfies und schenken dem Paar eine kleine Schweizer Kuhglocke als Andenken. Yvonne bekommt von Naeem noch eine Umarmung und dann fahren wir aus der Stadt.


Silk Road Express durch den Iran

Heute fahren wir 300 Kilometer bis nach Sirdschan. Eine Stadt, die wir im Dezember bei den Ausschreitungen aufgrund der Erhöhung der Benzinpreise, grossräumig umfahren haben. Hier in Sirdschan gab es damals Krawalle. Heute aber scheint alles ganz normal und ruhig zu sein. Wir checken in ein, in die Jahre gekommenes Hotel ein. Für eine Nacht ganz ok, immerhin die Dusche ist warm und das Zimmer sauber.

 

So gefreut haben wir uns auf die Seidenstrasse. Es war unser Ziel einen möglichst grossen Teil der Seidenstrasse zu bereisen. Das wir diese nun im Eiltempo durchfahren müssen, hätten wir im August 2019 niemals erwartet. Leider bleiben wir unseren «Flucht-Plänen» treu. Nicht weil wir Angst vor dem Coronavirus haben, nein wir wollen einfach nicht im Iran stecken bleiben. Der Iran ist zwar ein super Reiseland, vielleicht das beste für uns, jedoch bleibt uns ein ungutes Gefühl, sollten wir hier verharren müssen. Im Iran weiss man nie, was mit der Innen- und Aussenpolitik passiert. Die schlechten Beziehungen zum Rest der Welt machen die Lage nicht gerade besser. Geht es um Politik, ist der Iran nun mal sehr unkalkulierbar und unberechenbar. Momentan fliegen keine Flüge mehr in den Iran, also kommt man im schlimmsten Fall nicht mal mehr mit dem Flugzeugt aus dem Land. Die Verfügbarkeit von Medikamenten und das eher marode Gesundheitssystem sprechen auch nicht für einen Verbleib. Das alles befeuert uns, an den Plänen festzuhalten und möglichst rasch an die Grenze zu Aserbaidschan zu fahren.

 

Nach einem typischen iranischen Frühstück, bestehend aus gekochten Eiern, Fladenbrot, Schwarztee und einer Art Rührei mit Tomatenpüree geht unsere Fahrt weiter. Je weiter wir uns von Bandar Abbas entfernen, je holpriger wird die Strasse. Streckenweise ist die Strasse ganz passabel, kurz darauf weiss David gar nicht mehr wo er überhaupt fahren soll, so viele Schlaglöcher hat es auf der Strasse. Die Ortschaften entlang der Strecke wirken etwas heruntergekommen. Von touristischer Bedeutung sind die kleinen Ortschaften nicht. Kurz vor Anar gelangen wir in einen gewaltigen Sandsturm. Klar, die Wüste ist hier in der Nähe, damit müssen wir irgendwie rechnen. Aber so etwas haben wirklich noch nicht erlebt. Es windet heftig, wir fahren nur noch ganz langsam. Unsere Sicht beträgt teilweise nur ein paar Meter. Das ist viel schlimmer als Nebel. An einer Kreuzung werden alle Fahrzeuge und Lastwagen an den Strassenrand gewunken. Eine Weiterfahrt unter diesen Bedingungen scheint unmöglich. Geraten unsere Pläne ins Stocken? Wir wollen doch so schnell es geht ausreisen. Wir stellen uns in den Windschatten eines Lastwagens und warten rund eine halbe Stunde ab. Der Wind hat sich nicht gelegt, aber einige Lastwagenfahrer fahren auch weiter. Und da wir unter Zeitdruck sind, machen auch wir uns langsam auf den Weg. Wir schalten die Nebellichter und den Warnblinker ein. Einige Lastwagen fahren auch mit dem eingeschalteten Warnblinken. Aber wirklich unverständlich finden wir, dass gewisse Verkehrsteilnehmer selbst bei diesen miserablen Verhältnissen noch immer ohne Licht fahren. Kurz darauf passieren wir einen Unfall. Ein Lastwagen ist umgekippt und liegt im Strassengraben. Und das wird nicht der einzige gekippte Lastwagen bleiben, den wir an diesem Tag sehen. Wir fahren weiter und kurz vor Yazd beruhigt sich das Wetter etwas. Es ist zwar immer noch extrem windig, aber es hat wenigstens nicht mehr so viel Sand in der Luft. An diesem Tag erleben wir so viele Wetterphasen... Morgens ist es 13°C, als wir los fahren. In der Ferne sehen wir weisse Schneeberge. Dann kommt der Sandsturm. Um die Mittagszeit wird es plötzlich 26°C warm. Als wir uns kurz vor Einbruch der Dunkelheit auf die Suche nach einem Hotel machen, ist die Landschaft in Nebel gehüllt und das Thermometer zeigt nur noch 4°C an. Es regnet. Hier, mitten im Nirgendwo, gibt es kaum touristische Infrastruktur. Aber auch hier sind die Iraner sehr freundlich. Der Rezeptionist hilft uns, unser Datenguthaben auf der Simkarte aufzuladen. Das Zimmer ist recht einfach, aber wir haben ein sauberes Bett, eine Heizung, eine warme Dusche und ein Frühstück. Für weniger als 10 Franken kann man da wirklich nichts sagen...

 

Als wir am Morgen auf die Strasse biegen, kommt uns ein Schneepflug entgegen. Haben wir das gerade geträumt oder war das wirklich ein Schneepflug? Es liegt zwar kein Schnee, aber in der Ferne sehen wir weisse Berggipfel. Irgendwo wird es also sicherlich Arbeit geben für den Pflug. Wir verbringen den ganzen Tag im Auto, fahren von 7 Uhr morgens bis 18 Uhr abends. Wir nehmen die Autobahn und umfahren Teheran. Der Verkehr rund um die Stadt ist mörderisch. Ich weiss gar nicht wie oft wir im Blog schon geschrieben haben, wie schlecht die Iraner Autofahren. David ist hoch konzentriert am Steuer, um einen Unfall nach dem anderen zu vermeiden. Seine Nerven werden arg strapaziert und das eine oder andere Fluchwort kommt über seine Lippen.

 

An mehreren Stellen versuchen wir Diesel zu bekommen. Manchmal geht es ganz gut und der Tankwart oder ein Lastwagenfahrer hilft uns, manchmal verlangen die Tankwarte den 5-fachen Preis und wir fahren ohne Diesel weiter. Wir sind schon bereit etwas mehr als die Einheimischen zu bezahlen, aber nicht in diesem Ausmass. Zum Glück haben wir immer unsere Kanister mit 40 Liter Reservediesel dabei. So sind wir nicht ganz so abhängig von den Tankstellen. Für die Nacht finden wir in Punel ein kleines Hotel auf einem Hügel. Die zwei jungen Betreiber sprechen kein Englisch. Dank Google Translate verstehen sie jedoch, was wir wollen. In einem einfachen Zimmer mit Gasheizung verbringen wir die Nacht. Erneut bezahlen wir nur 9.50 für die Übernachtung mit warmer Dusche. Wir sind seit ein paar Monaten mit einem Deutsch-Türkischen Paar in Kontakt. Sie wollen die Grenze noch heute Abend überqueren und wir wollen sie Morgen in Astara treffen. Doch soweit wird es leider nicht kommen...


Angespannte Lage an der Grenze

Endspurt. Um 7 Uhr früh fahren wir los. Es sind noch etwa 110 Kilometer bis zur Grenze. Doch die Strecke hat es in sich. Die Strasse wird von Meter zu Meter schlechter. Schlaglöcher soweit das Auge reicht. Leider ist die Strasse oft auch nur noch einspurig. Und mit den vielen Lastwagen gestaltet sich das Überholen ziemlich mühsam. Sind wir die Tage zuvor auf den Autobahnen oder auf den Landstrassen recht schnell voran gekommen, ist es jetzt wirklich mühsam. Viel Verkehr, nur eine Spur und immer wieder müssen wir mitten durch die Dörfer fahren.

 

In Astara suchen wir eine Wechselstube, um unsere restlichen Rial in Manat zu wechseln. Da Freitag ist, haben viele Wechselstuben zu. In einer Seitenstrasse werden wir dennoch fündig und können unser Restgeld umtauschen. Dann nichts wie an die Grenze. Die Abwicklung auf der iranischen Seite dauert etwa 1.5 Stunden. Wie schon bei der Einreise in den Iran ist das ganze Zollgelände vollgestopft mit Lastwagen, so dass man die Gebäude kaum sieht. Zum Glück wissen wir von der Einreise her ungefähr wohin wir müssen. Am ersten Häuschen erhalten wir einen Laufzettel. Daneben müssen wir eine Art Diesel-Steuer bezahlen. Die Grösse des Tankes wird besteuert. Wir sagen 70 Liter, obwohl wir 80 Liter plus zwei Kanister haben und der nette Herr berechnet uns nur 60 Liter. Ob die Steuer offiziell ist oder ob so nur Touristen abgezockt werden, wissen wir nicht. Wir erhalten eine ziemlich offizielle Quittung, die sogar auf Englisch geschrieben ist. Daher bezahlen wir die 14 Franken Steuer ohne grosse Diskussionen. Immerhin hat uns ein Liter Diesel im Iran nur zwischen 3 und 6 Rappen gekostet. Da können wir uns wirklich nicht beklagen. 😊

 

Nachdem wir die Dieselsteuer bezahlt haben, müssen wir unser Carnet de Passage abstempeln lassen. Hier haben wir bei der Einreise das erste Mal auf unserer Reise Schmiergeld bezahlt, bisher auch das einzige Mal. Vor dem Gebäude sehen wir ein weiteres Overlander-Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen. Am Schalter treffen wir auf Henning und Runan. Sie sind die letzten Tage auch unzählige Kilometer durch den Iran gefahren, damit sie das Land an der einzigen offenen Grenze noch verlassen können. Sie sind schon gestern Abend hier angekommen und haben auf dem Zollgelände übernachtet, denn der Carnet-Schalter war am Abend schon zu. Sie sagen uns, dass der Beamte um 10 Uhr kommen sollte, um das Carnet zu stempeln. Also warten wir etwa eine halbe Stunde. Punkt 10 Uhr treffen diverse Lastwagenfahrer an diesem Schalter ein. Auch sie brauchen einen Stempel auf ihrem Carnet. Um den zu erhalten, schieben auch sie Bargeld über die Theke. Uns sagt der Herr mehrmals "Money, Money, Money." Bei der Einreise hat sich dieser Herr mit den Kugelschreiber 20$ auf die Handfläche geschrieben. Damals waren wir in einer schlechten Ausgangslage. Da im Iran keine Kreditkarten funktionieren, wussten die an der Grenze natürlich, dass wir viel Bargeld dabei haben. Nun sieht es anders aus. Wir reisen aus und sagen, dass wir erst bezahlen, wenn das Carnet gestempelt ist. Ein Iraner übersetzt dann für uns, dass der Beamte nach einem Geschenk fragt. Ok, eigentlich haben wir seine Anweisung "Money, Money, Money" schon ziemlich gut verstanden. Wir geben ihm die restlichen Rial, die wir haben, etwa 1.5 Millionen, umgerechnet etwas weniger als 10 Franken.

 

Bei der Immigration geht es recht zügig voran. Ein Herr in ziviler Kleidung fragt nach unseren Papieren. David will sie ihm nicht geben, da er sehr inoffiziell aussieht. Dann kommt aber ein Beamter aus dem Häuschen raus und sagt uns, dass wir ihm die Dokumente wirklich geben sollen. Wie sollen wir wissen, wer hier ein "Schlepper" ist und wer offiziell hier arbeitet, wenn niemand eine Uniform oder ein Namensschild trägt? Nach insgesamt 1.5 Stunden auf der iranischen Seite passieren wir die Brücke über den Grenzfluss und wir erreichen Aserbaidschan.

 

Wir müssen in den Fahrzeugen sitzen bleiben. Zuerst wird bei Henning und Runan Fieber gemessen und dann bei uns beiden. Wir dürfen nicht aussteigen und die Fenster müssen wir wieder hoch Kurbeln, sobald uns die Beamten den Fiebermesser durchs Fenster hinein gereicht haben. Yvonne hat warm und ist etwas nervös. Mit einem digitalen Thermometer wird mehrmals die Temperatur an der Stirn gemessen, mit einem analogen Fieberthermometer müssen wir die Temperatur unter den Achseln messen. Natürlich gibt es nur einen Thermometer für alle, der von einem zum anderen gereicht wird. Sehr hygienisch! Während rund 30 Minuten wird immer wieder die Temperatur gemessen. Wie genau die Thermometer messen, wissen wir nicht. Von Minute zu Minute wird ein anderes Resultat angezeigt. Das kann ja nicht sein... Zum Glück haben sie Geduld mit Yvonne, bis die Temperatur normal ist und mehrmals nacheinander weniger als 37 Grad anzeigt. Dann dürfen wir aussteigen und zum Immigration Office laufen. Wir werden jedoch aufgefordert einen Mundschutz zu tragen. Gut haben wir in Dubai einen Mundschutz gekauft.

 

Bei der Immigration werden unsere Pässe lange angeschaut. Irgendwann erhalten wir den Einreisestempel. Ein Beamter nebenan registriert Pluto. Er wird immer nervöser und auch die anderen Grenzbeamten werden von Minute zu Minute nervöser. Irgendeiner schreit herum. Während wir hier sind, ziehen sich alle Beamten Ganzkörper-Schutzanzüge an. Die Lage scheint ziemlich ernst zu sein. Und genau dann erhalten wir eine Nachricht von Timmy und Duygu, die am Abend zuvor die Grenze überqueren wollten. Wir wollten sie ein paar Kilometer nach der Grenze treffen. Doch weit gefehlt. Sie teilen uns mit, dass sie in Quarantäne stecken. Ach du scheisse. Wir versuchen ruhig zu bleiben, denn noch sind wir nicht in Sicherheit. Wir sind noch immer am Zoll. Dann tauchen vier Russen auf. Sie weigern sich, die Temperatur messen zu lassen. Einer von ihnen sei Konsular, daher sei er immun. Vielleicht auch gegen das Corona-Virus? Er schreit herum und verlangt einen höheren Offizier. Währenddessen werden die Offiziere, die sich um unsere Belange kümmern, noch nervöser. Wir hoffen wirklich, dass wir hier gut raus kommen!

 

Irgendwann hat der Offizier Pluto registriert. Beim Postschalter nebenan müssen wir die Strassengebühr bezahlen und wir können eine Versicherung abschliessen. Dann gehen wir zurück zum Offizier. Er schaut kurz ins Innere des Campers. Zwei Mal wird David gefragt, ob wir Marihuana dabei haben. Natürlich nicht. In der obersten Schublade, die der Zöllner öffnet, befindet sich eine Packung Ricola. Er fragt, ob er eines haben kann und dann ist der Fahrzeug-Check abgeschlossen. So schnell wir können, fahren wir zur Schranke um nach weiteren 2.5 Stunden endlich definitiv nach Aserbaidschan einzureisen. Wir sind wirklich sehr erleichtert, dass wir nicht im Iran stecken geblieben sind.

 

Wie sich die Lage in Aserbaidschan weiterentwickelt und welchen Einfluss das Corona-Virus auf unsere Reisepläne hat, lest ihr im nächsten Blogbeitrag.

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